
Heute, zu Pfingsten, mal ein Exkurs über den Sinn des Menschseins mit praxisttauglichen Mitteln zur Bewaltigung des Alltags, jenseits des Ausgeliefertseins in einer äußeren Welt, die zunehmend und ausgehend von bestimmten Exemplaren unserer Spezies aus den Fugen zu geraten scheint.
Über einen Mangel an praktischen Beispielen aus der Welt, wie der sogenannte „Humanismus“ gerade allerorten scheitert, fehlt es wahrlich ja nicht. Ich selbst dokumentiere sie ja auch in meinen politischen Beiträgen in diesem Blog - aber ich habe dabei immer auch einen anderen Kontext im Sinn: ich begreife den maroden Ist-Zustand unserer Welt nicht als unabänderlich, allerdings kenne ich auch keine einfachen Wege aus dieser Situation, aber es gibt tatsächlich persönliche Ansätze, nicht nur zu verstehen, sondern auch durch beharrliche Selbstentwicklung jedes Individuums für sich alleine, unsere Situation nachhaltig zum Besseren zu wenden.
Ich möchte jetzt aber gerade nicht religiös philosophische Betrachtungen anstellen, auch wenn Pfingsten zumindest für Christen das Fest der Spende des Heiligen Geistes darstellt, oder salopp ausgedrückt: die Tage widerspiegelt, an denen der „Herr“ Hirn und Geist über die Menschheit regnen lässt. Tut er es?
Dass eine ungünstige, psychosoziale Entwicklung mancher Führerpersönlichkeiten auf diesem Planeten offensichtlich stattgefunden haben, läßt sich wirklich nicht verleugnen: seien es selbstverliebte Narzissten wie Trump, Musk, Vance, Putin etc., die derart toxisch ihre jeweiligen Umfelder ins faktische Unglück stürzen und dabei freilich nur das Beste für ihre jeweiligen Volksgenossen vorgeben im Blick zu haben. Ihre Biographien sprechen Bände darüber, was alles schief laufen kann als Kind und Heranwachsender.
Aber kommen wir zunächst zurück zur provokanten Ausgangsthese: Humanismus und Naturgesetz - welch ein Widerspruch? Um Naturgesetze kümmert sich die Evidenz basierden Wissenschaften: Physik, Chemie, Biologie, Astronomie, Geologie usw…. Ihr wesentlichstes Werkzeug ist die Mathematik als Geisteswissenschaft. Hie bereits sollten wir hellhörig werden: eine Geisteswissenschaft wie die Mathematik ist der wichtigste Werkzeugkasten für die Ergründung und Erklärung knallharter Naturfakten. Ohne Physik keine Chemie, ohne Chemie keine Biologie usw.. Wir erkennen gewisse Ordnungen selbst in den Wissenschaftten.
Es gibt auch eine Ordnung der Natur aus menschlicher Betrachtungsweise, von unbelebt bis zu belebt: Minerale, Pflanzen, Tiere und der Mensch, mal grob kategorisiert. Dass der Mensch die „unter“ ihm liegenden Existenzformen ausreichend mit seinem Intellekt begreifen kann ist offensichtlich, aber kann er sich auch selbst ausreichend begreifen? Sind mit anderen Worten Psychologie und Soziologie noch ausreichend Evidenz basierend, oder bewegen wir uns hier bereits in subjektiv zu stark beeinflussten Forschungsgebieten? Die Frage ist berechtigt: der Mensch will sich selbst erforschen. Kann er das überhaupt? Er müsste ja quasi eine Stellung einnehmen können, über sich selbst. Das hat er versucht in theologischen und philosophischen Geistesverrenkungen, schon immer und immer noch.
Ein Evidenz basierender Ansatz für den Humanismus
Es gibt einen Evidenz basierenden Ansatz, auch den Menschen verstehen zu können, und er macht sich fest an den Kategorien „geben“ vs „nehmen“ und „Handeln“ vs „Absicht“. Letztere Kategorien sind spezifisch der menschlichen und teilweise auch bereits der tierischen Spezies zugeordnet. Die „Bedürfnisstruktur“ verändert sich ebenfalls eklatant vom unbelebten bis hin zu belebten Existenzbereich: Minerale sind lediglich interessiert, ihre mineralische Struktur aufrecht zu erhalten, Pflanzen, standortgebunden, verfügen über noch keinen Bewegungsdrang, Tiere entwickeln bereits soziale Bedürfnisse und der Mensch schließlich entwickelt Bedürfnisse über das normale Wohlergehen hinaus: er sucht nach Wissen, Macht und Anerkennung und am Ende sucht er auch nach seiner Essenz - er Beginns sich zu fragen, warum gibt es eigentliche „etwas“, obgleich vielmehr „nichts“ sein könnte?
Beobachten wir die Natur, so begreifen wir spontan, dass hier ein ständiges Geben und Nehmen erfolgt: ob wir uns Nahrungsketten anschauen oder Naturktastrophen wie Erdbeben, Vulkanausbrüche, Feuersbrünste, Überschwemmungen….immer wird etwas genommen um etwas neues zu geben, für die meisten Erdenbewohner aus der belebtenFraktion sicherlich teilweise sehr schmerzhafte Erfahrungen als Betroffener. Hier fließt schon ein wichtiger Begriff ein „Betroffenheit“. „Leiden“ benötigt eine gewisse „Betroffenheit“, und diese kann unter günstigen Umständen zu einem „Lernen“ führen, aber leider nicht automatisch. Wir Menschen können „Betroffenheit“ geschickt ausblenden: „Heiliger Sankt Florian, verschon mein Haus, zünd andere an“. Aber dies nur am Rande.
Die Selbstverständlichkeit von Geben und Nehmen hat sich auch im menschlichen Untereinander etabliert und jeder Form von Handel erst ermöglicht: man weiss, wenn ich etwas haben möchte, muss ich bereit sein, etwas dafür zu geben. Als Akteur im Portal „Kleinanzeigen“ kann man das sehr schön erkennen: ob als Käufer oder Verkäufer, das Vertrauen an dieses Grundgesetzt von Geben und Nehmen ist essentiell, und meistens funktioniert das auch ohne Zwischenfälle. Auf internationaler Ebene lernen wir mehr über die „Zwischenfälle“: internationale Vereinbarungen (Menschenrechte) oder Verträge zwischen Staaten werden einfach ignoriert, als wären sie nie abgeschlossen worden. Staaten die dies tun, wir will man mit ihnen überhaupt noch umgehen? Kann, soll oder muss man auch mit Tyrannen verhandeln oder nur etwa reden? Zu diesen Kernfragen finden sich genügend Beispiele in der Weltliteratur.
Doch zurück zu einem praktischeren Ansatz für Humanismus. Nehmen wir zu den Kategorien geben/nehmen nun noch die Kategorien handeln/beabsichtigen hinzu. Mit „Absicht“ kommt der zu klärende Begriff „Wille“ ins Gespräch. Gibt es überhaupt einen freien Willen? Die Philosphen haben sich die Köpfe zermartert, denn daran hängt ja auch die Kategorien „Verantwortlichkeit“ und „Schuld“. Es gibt nicht zu vernachlässigende indische Philosophien, die selbst solche Schuldbegriffserweiterungen wie „Karma“ transzendieren, z.B. die Lehre des Advaita Vedanta: alles geschieht einfach, und der Geist des Menschen spielt lediglich das Spiel der eigenen Täterschaft….Maja, Illusion. Aber ganz egal, ob man über den Willen Gottes oder die Willensfreiheit des Menschen nachdenken will, als Arbeitshypothese ist die Annahme eines freien Willens durchaus hilfreich, denn sie kann dann zu einem breiteren Verständnis des Ist-Zustandes unserer sozialen Gebilde führen.
Die theoretisch möglichen Kombinationen aus beiden Begriffspaaren sehen dann wie folgt aus, geordnet nach Handeln/Absicht und absteigend vom Ideal zur Fehlentwicklung:
- Geben um zu geben
- Geben um zu nehmen
- Nehmen um zu geben
- Nehmen um zu nehmen
Geben um zu geben
Eine Kombination, die wohl selten anzutreffen sein wird, denn sie spiegelt das Prinzip des Altruismus wider. Dabei würde es sich um Menschen handeln, die selbstlos nur das Wohl des Anderen im Blick haben. Würde jeder Mensch diesen Ansatz verfolgen, lebten wir sofort im „Himmelreich“.
Geben um zu nehmen
Das ist unser verbreitestes Businessmodell: der Deal schlechthin. Alle Waren und Dienstleistungen werden nach diesem Prinzip getauscht und bilden unsere Wirtschaftsmodelle und ihre zugehörigen Wirtschaftswissenschaften (Betriebs- und Volkswirtschaft).
Nehmen um zu geben
Das würde ich als das Robin-Hood-Modell bezeichnen: der Rächer der Enterbten. Man bestiehlt jene, die sich auf Kosten anderer bereichert haben, und verteilt es an die Armen. Ein sozialer Umverteilungsauftrag auf unfreiwilliger Basis. Arm und Reich sind unser Hauptthema auf dieser Welt. Die Reichen halten ihren Reichtum gemeinhin als wohl verdient durch eigene Anstrengung und Verdienst, dass dies aber bei massiver Anreicherung eigenen Vermögens eher als beruhigender Selbstbetrug bezeichnet werden könnte, wird dann einfach als Neiddiskussion abgetan.
Nehmen um zu Nehmen
Hier sind wir nun im wirklich kriminellen Lager angekommen. Kleptomanie vom einfachen Individuum bis hin zu Staatsgebilden erleben gerade Aufschwung. Als Symptom einer Krankheit wird die Ursache fehlende Impulskontrolle angenommen, wenn weder Nutzen noch Motiv erkennbar sind. Weiter verbreitet ist aber die Nutzen motivierte Art der Bereicherung auf Kosten anderer. Ich kann dem Anderen aber nicht nur Eigentum entwenden, ich kann ihm auch das Leben, die Freiheit, die soziale Stellung nehmen oder ihn seines Ansehens berauben. In autokratischen Gesellschaften ist dieses Prinzip besonders salonfähig geworden. Aber auch in Demokratien scheint sich dieses Prinzip wieder zu manifestieren, was Demokratien letztlich erodieren lässt. Über entsprechende Beispiele kann man sich in meinen aktuellen politischen Beiträgen informieren.
Fazit
Geben und Nehmen sind also evidenzbasierte Gesetzmäßigkeiten in unserem Miteinander.
Rund um das Geben und das Nehmen lassen sich weitere kulturell entwickelte Feinheiten beobachten, z.B. Gastfreundschaft und Scham. Es ist in allen Kulturen üblich, Gäste willkommen zu heißen und Essen, Trinken und sogar Obdach anzubieten. Der Brauch, Geschenke zu übergeben, ohne dabei den Beschenkten zu beschämen, ist ebenfalls weit verbreitet. Das Verhalten zwischen Gast und Gastgeber allgemein gibt Aufschluss darüber, wie ausgeprägt die humanistische Entwicklung der Beteiligten gestaltet ist.
Wenn wir uns alle diese einfachen Tatsachen und Überlegungen in unseren normalen Alltag mehr vergegenwärtigen würden, wäre der erste Grundstein zu einer humanen Weiterentwicklung gesetzt. Es gibt aber noch viele weitere Bausteine, über die ich ggf. In zukünftigen Beiträgen berichten werde.
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