
Das neu SPD Manifest von Stegner, Mützenich und co appeliert and die Tradition der SPD als Friedenspartei: man brauche Gespräche und Annäherung an Russland.
Sigmar Gabriel warnt bereits diese „Genossen“:
„Man darf die Entspannungspolitik Willy Brandts nicht zum Appeasement gegenüber Moskau verdrehen. Brandts Wehretat betrug 4 % des BIP - doppelt so hoch wie heute! Er wusste: militärische Stärke und die klare Verankerung in der NATO bildeten die Voraussetzung für Verhandlungen.“


Eine Minderheit innerhalb einer 16% SPD torpediert hier also die gegenwärtige Koalition aus CDU/CSU und SPD und versucht Stimmung zu machen vor dem SPD Parteitag Ende Juni.
Es handelt sich um einen hilflosen Versuch des Erhard-Eppler-Kreises in der SPD, zum falschen Zeitpunkt anachronistische Friedensträume auf Basis von Gesprächen mit Putin zu propagieren!
Alexander Dubowy hat es auf den Punkt gebracht:
„Stegner, Mützenich und Co. - Lost in Transition?
Das "Manifest" aus "SPD-Friedenskreisen" ist ein zutiefst verstörendes Stück Zeitgeschichte. Nicht, weil es die Bedeutung der Verhandlungen betont, sondern weil es von einem Russlandbild ausgeht, das historisch überholt, sicherheitspolitisch naiv und analytisch grob fahrlässig ist.
Stegner, Mützenich, Eichel, Walter-Borjans und über 96 weitere SPD-Genossen verkennen einen sicherheitspolitisch entscheidenden Unterschied zwischen der Sowjetunion und Russland: Der Kreml unter Putin reagiert nicht auf Vertrauenssignale im Sinne von „Wandel durch Annäherung“ – er nutzt sie aus. Denn ihn verlangt es nicht nach Etablierung klarer Strukturen und gegenseitigen Vertrauens, sondern nach Kultivierung strategischer Unsicherheit: nach innen zur Disziplinierung, nach außen zur Destabilisierung und Machtsteigerung. So abgedroschen die Feststellung auch klingen mag, bleibt sie dennoch richtig: Putin versteht nur die Sprache der Stärke – Schwäche verachtet er, und weiß sie erbarmungslos zu instrumentalisieren.
Wer heute gegenüber Putins Russland dieselben Rezepte anwenden möchte, wie einst gegenüber der Sowjetunion, verkennt die fundamentale Systemtransformation. Das heutige Russland ist keine ideologisch kohärente Großmacht mit durchbürokratisiertem Parteiapparat, sondern eine personalistische Autokratie mit schwachen Institutionen, autoritärer Patronagewirtschaft – und einem Präsidenten, der sich als sakral aufgeladene Verkörperung von Staat, Geschichte und Volk inszeniert.
Nach dem Tod Josef Stalins setzte sich unter den überlebenden Parteikadern die Einsicht durch: Einen neuen Stalin würde niemand von ihnen überleben. Aus dieser Erkenntnis heraus entwickelte sich – nach einer Phase intensiver innerparteilicher Machtkämpfe – schrittweise ein System kollektiver Führung, das spätestens unter Leonid Breschnew institutionell verankert wurde. Zwar blieb das System autoritär und asymmetrisch, die Macht beruhte jedoch fortan auf einem balancierten Kräfteverhältnis innerhalb der Parteielite, insbesondere über das sogenannte Politbüro - das höchste Entscheidungsgremium des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei der Sowjetunion. Selbst der allgegenwärtige sowjetische Geheimdienst KGB war darin eingebettet: nicht als eigenständiger Machtpol, sondern als kontrollierbares Funktionselement eines innerparteilich austarierten Herrschaftssystems. Der KGB blieb unter Parteikontrolle – und damit im Gegensatz zur Ära Stalin institutionell gebändigt.
Damit war die Kommunistische Partei der Sowjetunion nicht nur ein ideologisches Steuerungsorgan, sondern ein funktionierendes Machtzentrum mit klaren Regeln der Nachfolge, Mechanismen zur Kadererneuerung, internen Kontrollstrukturen und auf die Stabilisierung des Status quo abzielenden außenpolitischen Interessen. Dieses System reduzierte – trotz seiner repressiven Natur – das Risiko totaler Machtkonzentration in den Händen eines Einzelnen.
Derartige strukturelle staatspolitische Sicherheitsventile existieren im Russland Wladimir Putins nicht: Es gibt keine eigenständig agierende Strukturen (wie einst die Kommunistische Partei), keine institutionalisierte Nachfolgeregelung, keine verbindliche Gewaltenteilung. Der Machterhalt eines Einzelnen bildet den systemischen Kern.
Die Sowjetunion war ein berechenbarer Gegner: in ihrer Abschreckungslogik, in der strategischen Zielhierarchie, im institutionellen Kalkül. Putins Russland hingegen operiert nach asymmetrischer Rationalität: taktisch flexibel, strategisch dogmatisch – und kompromisslos auf Machterhalt und imperialen Revisionismus ausgerichtet. Das heutige Russland ist keine Status quo Großmacht mehr. Die langfristigen Interessen des Landes fallen den erratischen, vom imperialen Wahne angefachten und dem Traum von eigener Größe dominierten Stimmungsschwankungen des Machthabers zum Opfer.
Wer unter diesen Voraussetzungen auf Entspannungsformeln aus der Zeit des Kalten Krieges setzt, verkennt den Charakter des Konflikts: Es handelt sich nicht um eine klassische Systemrivalität zwischen zwei ideologisch fundierten Machtblöcken, sondern um die aggressive Selbstbehauptung eines autoritären Regimes, das außenpolitische Spannungen gezielt inszeniert, um innenpolitische Kontrolle zu sichern.
Wer gegenüber Putins Russland auf Vertrauensbildung setzt, beschreitet nicht den steinigen Pfad des Friedens, sondern begibt sich auf die abschüssige Bahn strategischer Selbsttäuschung – mit dem Risiko, ungewollt zum Wegbereiter des nächsten großen Krieges zu werden.“
Dem habe ich nichts hinzuzufügen!
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